06.12.2013 - 31.01.2014
ARCHITEKTONISCHE KUNST UND MODERNE INDUSTRIE-NEUBAUTEN

Ben Willikens

Dezember 2013 – Januar 2014 (Doppelseite / Vernissage)

BEN WILLIKENS (* 1939) // Am Abend des 5. Dezember 2013 haben sich denkwürdige Momente in der FabrikGalerie abgespielt. Mit der 19. Vernissage begann die Ausstellung von Ben Willikens, einem der international prägenden Künstler der Gegenwart. In der neuen Produktionshalle saßen mehr als 200 Gäste, erstmals unmittelbar im industriellen Interieur und in Erwartung des Kommenden. Dann knisterte, sirrte und dröhnte es aus den Lautsprecherboxen. Der Auftritt von Lena Willikens. Mit Klangkunst interpretierte die Musikproduzentin die bildende Kunst ihres Vaters, der seine Tochter an diesem Abend zum ersten Mal in einer Liveperformance erlebte: eine elektroakustische Reise in die Räume seiner Bilder, die ihn weltbekannt gemacht haben.

Der Raum ist das Lebensthema des Künstlers Ben Willikens. Seit mehr als fünf Jahrzehnten lotet sein malerisches und grafisches Werk die historischen und symbolischen Dimensionen des Raumes aus. Auf sein bildbestimmendes Sujet stieß er Ende der 1960er. Ben Willikens hatte Studienjahre an der Kunstakademie Stuttgart und der Slade School of Fine Art London hinter sich, als ihn eine Erkrankung zu einem längeren Klinikaufenthalt zwang. Beeindruckt von der Unpersönlichkeit des Inventars und der Krankenhausflure begann Ben Willikens mit einer Serie von „Anstaltsbildern“. Diese Bilder inszenieren die Isolation, sie wirken hermetisch und setzen ganz auf die reduzierte Farbpalette der Grisaille, der traditionellen Graumalerei. „Wenn ich Natur malen würde, bräuchte ich die Farben der Natur. Weil ich mein Labyrinth des Menschen male, brauche ich Grau“, lautet dazu der Kommentar des Künstlers. Der Mensch jedoch, er ist stets abwesend im labyrinthischen Geflecht aus unzähligen Räumen, die Ben Willikens in all den Jahren geschaffen hat. Besonders augenfällig wird dies im berühmten „Abendmahl“, das er mehrfach variiert hat: ein menschenleerer Tisch, ohne Jesus und Jünger, „als Metapher für das Ende der Heilsgeschichte“.

Menschenleer sind auch die Raumbilder, die Ben Willikens 2013 für die FabrikGalerie auswählte: Arbeiten der Jahre 2011 bis 2013, entstanden in seinem Atelier, einem 1913 gebauten Kornspeicher im Hohenlohedorf Wallhausen. „Floß“ heißt diese Werkserie, mit der Ben Willikens seine Arbeitsräume bildnerisch reflektiert. Er fotografierte Raumsituationen seines Ateliers und übermalte die auf Leinwand gedruckten Fotoprints mit Acrylfarben, deren Palette nun unter anderem um lichte Blau- und Ockertöne erweitert wurde. Die Herstellungstechnik dieser Bilder kombiniert die Momentaufnahme des Fotos mit dem Prozess des Malens. Eine Auseinandersetzung mit dem Fluss der Zeit deutet sich hier an – und auch eine Öffnung hin zum Persönlichen, Identifizierbaren. Öffnungen gibt es auch in den Bildern. Sie lassen Licht hinein und mildern die Anonymität. Die „Zeitlichkeit seiner Räume und auch seines Lebens“ mache Ben Willikens mit den „Floß“-Bildern zum Thema, drückt es der Kunsthistoriker Günter Baumann aus. Unsichtbar ist der Mensch noch immer. Aber er ist spürbar geworden in den Dingen, die er hinterlässt.