Sunk © Anja Eberhart

14. August bis 27. September 2024
MOBILITY

Anja Eberhart

AUGUST – SEPTEMBER 2024

ANJA EBERHART // Mobility

Seit der Pop-Art verbinden sich Kunst, Retrokult und Popkultur bisweilen auf faszinierende Art und Weise. Immer öfter rebellieren Kunstschaffende gegen die ästhetische Verweigerung arrivierter Museumskunst. So auch Anja Eberhart: In der Tradition des Surrealismus, der US-Comics, der Pop-Art oder auch der Malerei von Edward Hopper erschafft sie ihre farbenfrohen Bilder.

Der Titel ihrer Ausstellung in der LAUDA FabrikGalerie ist ›Mobility‹. Dieser spielt auch auf die spezifische Geschichte der USA an. Im Zentrum des amerikanischen Mythos steht Mobilität, steht die Besiedlung des Westens nach dem Bürgerkrieg, die Unterwerfung der Menschen, der Natur, der Wildnis, des weiten Landes.

Es geht um Mobilität in diesem künstlerischen Werk, aber auch um Einsamkeit. Die Straße, der Highway, das ist immer wieder das Sujet der Kunst von Anja Eberhart. Halb real, halb Utopie, so geht es hier zu. Ihre Kunst erzählt von der Verführung durch die Weite des Landes, von der Utopie des Unterwegs-Seins. Der Held der amerikanischen Utopie, so beschreibt es der Geschwindigkeits-Philosoph Paul Virilio, ist der Pionier, der ›Pathfinder‹, der dorthin zu gehen, zu fahren vermag, wohin sein Blick fällt.

Bei Eberhart wird der Alltag auf links gedreht. Der Realität wird der Stecker gezogen. Alles gewinnt hier eine sonderbare, allumfassende Künstlichkeit. Pop-Art, Neuer Realismus, Surrealismus, Postmoderne, all das hat Spuren in diesem Werk hinterlassen. Ganz deutlich etwa ist der Bezug, die Rückbeziehung auf Kunst und Kultur der 50er und 60er Jahre, auf Comics und pastellige Pop-Malerei.

Anja Eberhart malt heiter-bedrohliche Utopien des Unterwegs-Seins
Mobilität, sie findet – natürlich – im Raum statt. Doch was sind das für Räume? Ganz auffällig ist: Sie sind fiktiv. Naturgesetze scheinen aufgehoben. Zeit steht still. Traumhafte Szenerien lassen an surrealistische Filme denken. Fremdartig, geheimnisvoll leuchten diese Acrylbilder. Menschen sehen wir auch, doch stets vereinzelt, still, wie in Hoppers berühmten Werken.

Das Thema des Wassers ist prominent: Unterwasserszenen sind immer wieder zu bewundern. Das Element Wasser steht im Fokus des Interesses von Anja Eberhart. Mal erfahren wir das Element sinnlich und poetisch, dann wieder bedrohlich. Diese Dichotomie ist typisch für ihre Kunst. Leuchtende Bonbonfarben treffen hier auf Szenen, die von Einsamkeit und Ängsten berichten. Heiter und bedrohlich ist diese Kunst im selben Moment, tragisch oder auch komisch. Sie ist Angsttraum und Utopie, erzählt von Weite und Verlorenheit, von Wahrheit und Täuschung. Sie irritiert, ist ein Ausdruck unserer Zeit, in der wir latente Bedrohung oder Entfremdung empfinden. In dem Bild ›Planet Earth‹ beobachten zwei grüne Figuren – sind es Außerirdische? – das Geschehen. Blicken auf eine Ansammlung von Autos. Blicken auf uns Menschen. Aus Fenstern zum All.

Das Werk ›Dharmabum‹ ist von Jack Kerouacs Roman ›The Dharma Bums‹ inspiriert und spiegelt das Interesse der Künstlerin an amerikanischer Kultur wider – geprägt durch mehrere Studienaufenthalte in den USA. Kerouacs Werk, ein Klassiker der Beat-Literatur, erzählt von einer spirituellen Reise und der Suche nach Erleuchtung durch Zen-Meditation. ›Dharmabum‹ greift diese Themen auf und lädt den Betrachtenden ein, über Realität, Sterblichkeit und Bewusstsein nachzudenken. Das Kunstwerk verbindet Beat-Kultur, Zen-Philosophie und moderne Kunst zu einer Reflexion über Bewegung, Stillstand und menschliche Existenz.

Text: Marc Peschke